Anheimelnd dreht sich der unbekannte, vor grün-gesprenkelter Vitalität strotzende Planet durch das Universum. Kobaltblaue Schwünge schmiegen sich an pastellblaue Bögen. Zwei pluderige Piepmätze äugen vertrauensvoll in einen Tag aus rot-violetten Abenteuern. Mal gegenständlich, mal abstrakt – die Bildwelten von Birgit Horn sind vielfältig. Und nicht selten bergen sie ein Geheimnis, das nur darauf wartet, vom Betrachter ergründet zu werden.
Malen als Meditation
Formen werden zu Fantasiewesen. Farben verschmelzen zu einer inspirierenden Kulisse für eigene Gedanken. „Die Malerei ist für mich der Ausdruck eines inneren Zustands, einer Idee, einer besonderen Stimmung“, sagt die gebürtige Grafschafterin, „in jedem Fall etwas sehr Persönliches.“ Für die Leiterin des Kunstkreises Bad Laer ist das schöpferische Tun schon immer eine Leidenschaft gewesen. „Den Prozess des Malens empfinde ich oft als Meditation“, beschreibt sie: „Ich bin sehr konzentriert, aber am Ende keineswegs erschöpft, sondern entspannt und ruhig.“
„Es wächst und entwickelt sich weiter“
Bereits als Schülerin habe sie an ihrem Leistungsfach Kunstgeschichte das praktische Umsetzen der Theorie in eigene Vorstellungen gereizt, erinnert sich die 51-Jährige. Doch die Lust an der Kreativität zum Beruf machen? Birgit Horn schüttelt den Kopf. Sie habe eine Ausbildung zur medizinischen Fachangestellten bevorzugt, sodass ihre Passion von belastenden Zwängen und einengenden Erwartungen verschont blieb, sagt sie. Die Farben und die Formen traten für einige Zeit in den Hintergrund. Mit ihrem Mann Roland gründete sie eine Familie. „Aber das mit dem Malen ist wie mit dem Fahrradfahren“, schmunzelt sie. „Wenn man nach Jahren den Pinsel wieder in die Hand nimmt, dann ist es einfach noch da – und es wächst und entwickelt sich weiter und weiter.“
Geschüttet, nicht gerührt …
Nachdem Birgit Horn 2003 einen Malkurs bei Änne Vinke, der damaligen Leiterin des Kunstkreises, an der Volkshochschule in Bad Laer besucht hatte, tauchte sie neuerlich in die wunderbare Welt aus Öl- und Acrylfarben, aus Grafit- und Aquarellstiften ein. „Zuerst habe ich häufig Fotos oder reale Objekte als Vorlage benutzt, um meine Technik zu verbessern“, erzählt die Autodidaktin. „Inzwischen arbeite ich auch aus der Fantasie heraus und besonders gerne experimentell.“ Als Beispiel präsentiert sie eine ihrer aktuellen Arbeiten: Blaue Strukturen, von hell bis dunkel, von zart bis kräftig, in einem Spiel aus Harmonie und Dramatik. „Das Bild habe ich geschüttet“, erklärt sie. Die Acrylfarbe einfach von oben auf die liegende Leinwand gegossen. Jetzt stecken Birgit Horn und das blaue Bild in Phase zwei: „Ich weiß noch nicht, was ich in dem Blau entdecken werde.“ Aber irgendeine Form, eine Gestalt vielleicht sogar, wird ihr in den nächsten Wochen aus der Farbe entgegenspringen. Da ist sich die Malerin sicher.
„Habe ich das überhaupt selbst gesteuert?“
So war es schließlich auch bei der rot-violett-gesprenkelten Leinwand, in der sich zwei aneinander gekuschelte Vögel versteckt hatten. „Das ist immer wieder ein besonderes Erlebnis, etwas in seinem Bild zu sehen, womit man gar nicht gerechnet hat“, sagt Birgit Horn und lächelt zufrieden: „Dann frage ich mich manchmal: Habe ich das überhaupt selbst gesteuert?“
(Erschienen in: Neue Osnabrücker Zeitung, 02.04.2016)