Ruck zuck wie an der Nordsee

Die Nase in der salzhaltigen Luft, die rund um das Gradierwerk herrscht, fühlt auch Familienhund Sally sich wohl. Fotos (4): Ulrike Havermeyer

Gefangen zwischen einem Winter ohne Schnee und einem wolkenverhangen heranbrausenden Frühling brauchen wir dringend einen Plan, der unsere Laune hebt. Schon seit Wochen steckt mir eine Erkältung in den Knochen, die aber partout nicht ausbrechen will. Und sogar Sally, unser treuer und überaus lebhafter Familienlabrador, äugt lustlos in den trüben Tag und verkrümelt sich seufzend in seinen Hundekorb. Was tun?

Da fällt mein Blick auf eine Postkarte, die meine Tochter aus dem vergangenen Sommerurlaub mitgebracht und an den Küchenschrank geheftet hat – als Motivationsschub in schlechten Zeiten. Also genau richtig für einen Tag wie diesen: „Man sitzt insgesamt viel zu wenig am Meer“ steht da in sonnenbeschienenen Großbuchstaben vor einer bezaubernden Strandkulisse. „Hach… die Wellen, der Wind und der herbe Duft der Nordsee!“, entfährt nun auch mir ein sehnsüchtiges Seufzen. Sally hebt den Kopf und sieht mich fragend an.

Und wo sind die Möwen..?

„Ja, warum denn eigentlich nicht?“, schießt mir mit einem Mal eine überraschend gute Idee durch meine verschnupften Gedanken. Denn um eine frische Brise salzhaltige Luft zu schnuppern, müssen Sally und ich ja nicht gleich bis nach Norddeich knattern: Wer im Osnabrücker Land – oder wie wir in dessen Nähe – wohnt, für den gibt es schließlich das Sole-Heilbad Bad Rothenfelde mit seinen beiden riesigen Gradierwerken. Über imposante Wände, die mit Paketen von Schwarzdornreisig ausgekleidet sind, rinnt beharrlich die Sole und reichert die Umgebungsluft mit Salz an. Und wer um das alte 114 Meter lange, oder um das neue Gradierwerk wandert, das sage und schreibe 412 Meter lang ist, der wähnt sich beim Inhalieren der gesunden Sole auch ohne viel Phantasie ruck zuck auf einem wohltuenden Spaziergang am Meer.

Auch Haustieren tut Sole gut

Also: Jacke, Halsband und Hundeleine geholt, den Vierbeiner in den Kofferraum gepackt – und auf nach Bad Rothenfelde! Dort angekommen sind wir kaum ausgestiegen, da hält Sally ihre Nase auch schon ganz aufgeregt in den Wind und wirkt schwer begeistert – ein Abenteuer wartet auf uns! Nichts wie hin zu jenem – für meine Hündin so unbekannten – Ort, von dem auch für den Labrador ein verführerischer Geruch auszugehen scheint. Und nicht nur das: Außer auf allerlei munter plaudernde Zweibeiner, die tief ein- und ausatmend um das Gradierwerk flanieren, treffen wir auch auf einige von Sallys Artgenossen: Ein behäbiger Berner Sennenhund schreitet abgeklärt mit seinem Herrchen an uns vorüber. Wenig später begrüßt uns ein quirliges Dackelpärchen, das von einem freundlichen, älteren Ehepaar herumgeführt wird.

Sabine Leclercq-Fröbel und ihr Mann Hans-Peter tragen ihren Kater Simenon in einer Transporttasche Spazieren – und freunden sich gleich mit Sally an.

Und dann treffen wir Simenon! Der charmante schwarz-weiße Kater leidet seit einiger Zeit an asthmatischen Hustenanfällen und hat den Gang um das Gradierwerk von seinem Tierarzt empfohlen bekommen, berichtet sein Frauchen Sabine Leclercq-Fröbel. Wobei „Gang“ es nicht wirklich trifft, denn weil Simenon ein reiner Wohnungskater ist, tragen ihn Sabine Leclercq-Fröbel und ihr Mann Hans-Peter in einer Transporttasche Spazieren. Die salzhaltige Luft wirke sich nicht nur gesundheitsfördernd auf Menschen, die von Allergien, Asthma oder Erkrankungen der oberen Atemwege betroffen seien aus, erklärt uns die Bad Rothenfelderin, sondern tue auch Haustieren sehr gut.

Stubenkater Simenon, der unter athmatischen Hustenanfällen leidet, ist der Gang um das Gradierwerk von seinem Tierarzt empfohlen worden.

Wie passend, dass Simenon so ein furchtloser Kater und Sally so eine friedfertige Hündin ist – so können wir ohne Probleme ein Stück des Weges gemeinsam durch die heilsame Salzluft wandern. Während die Vierbeiner sehr gelassen ihren kleinen Kuraufenthalt zu genießen scheinen, schwadronieren wir Zweibeiner über die kleinen Marotten und die um so vieles bedeutsameren Vorzüge unserer Haustiere. Beschwingt von der netten Unterhaltung und belebt von der Sole verabschieden wir uns voneinander. Doch bevor Sally und ich den Heimweg antreten, kaufe ich noch schnell eine Postkarte vom Gradierwerk – die bekommt ihren Platz gleich neben der Nordsee-Ansicht am Küchenschrank: Als Tipp für den schnellen Urlaub gleich um die Ecke!

(Erschienen im Februar 2020 auf www.osnabruecker-land.de/blog)