Seit 40 Jahren treffen sich die Pumpenliesen zum Kegeln. Nie gab es eine Durststrecke. Keinerlei Querelen trübten je das Miteinander. Doch nun ziehen die Damen einen Schlussstrich unter ihr Hobby: Vor lauter Kegeln blieb ihnen kaum noch Zeit für gute Gespräche.
Fast ist es wie immer an diesem Mittwochabend auf der Kegelbahn im Voltlager Hof. Die Pumpenliesen sitzen auf ihren angestammten Plätzen im Clubraum – vorne links am hölzernen Tisch kümmert sich Kegelmutter Ingrid Pohlmann wie immer um die Technik. Neben ihr haben Josi Lünnemann und Margret Maaßmann Platz genommen. Ihnen gegenüber plaudern Adele Schwerdt, Antonia Kempe und Marianne Ahrens miteinander.
Ganz ohne Wehmut geht es nicht
Doch dieser Mittwoch im März 2019 ist anders als seine Vorgänger: An diesem Abend zelebriert der altgediente Frauen-Kegelclub aus der 1800-Seelen-Gemeinde Voltlage den letzten Akt seiner stets friedlich und unaufgeregt verlaufenden Geschichte. Außer Gisela Hemme sind alle noch verbliebenen Mitglieder zum großen Finale im kleinen Kreise gekommen. Und obschon man um Normalität bemüht ist und das Ende der Kegel-Ära möglichst unspektakulär über die Bühne bringen will – so ganz ohne Wehmut geht es dann doch nicht.
„Ist schon irgendwie komisch…“, raunt Margret Maaßmann leise und legt wie immer ihre goldene Kegelnadel, das Erkennungszeichen der Pumpenliesen, vor sich auf den Tisch. Wer das bedeutungsschwangere Schmuckstück als Symbol einer eingeschworenen Gemeinschaft vergisst, zahlt einen Euro in die Kegelkasse. So besagen es die Statuten. Pumpen und verlorene Spiele kosten zehn Cent. An diesem Abend hat jeder seine Nadel dabei.
Immer als Team aufgetreten
Ingrid Pohlmann holt ein altes Foto aus ihrer Tasche: Die Pumpenliesen posieren im Garten, alle tragen sie identisch gemusterte Halstücher, alle haben sie ihre goldene Kegelnadel angesteckt. „Wir sind immer als Team aufgetreten“, sagt die Höckelerin mit versonnenem Lächeln. In ihren guten Zeiten brachte es die fidele Truppe, die sich über Mundpropaganda aus allen drei Ortsteilen zusammengefunden hatte, auf zwölf Mitglieder.
Interessen haben sich verschoben
Inzwischen sind es noch sieben. „Und wenn dann mal eine von uns keine Zeit hat oder krank ist“, seufzt Pohlmann, „dann sitzen wir hier auch schon mal nur zu viert.“ Dazu kommt, dass nicht nur der Club, sondern auch seine Mitglieder gealtert sind. „Das Kegeln ist ja komplett aus der Mode geraten“, bedauert Josi Lünnemann – Nachwuchs nicht in Sicht. Und weil auch die jüngste Pumpenliese mittlerweile 62 Lenze zählt – die älteste stolze 82 – ist es kein Wunder, dass sich mit den Jahren auch die Interessen verschoben haben. „Wenn man dauernd dran ist mit Kegeln, kommt man ja gar nicht mehr zum Reden“, bringt es Antonia Kempe auf den Punkt.
Um das aus dem Lot geratene Verhältnis von sportlichem Einsatz und heiterer Geselligkeit wieder in eine für alle zuträgliche Balance zu bringen, hilft also nur eines: Schluss mit Kegeln, her mit alternativen Formen des Miteinanders. „Wir wollen uns natürlich weiter treffen“, haben die Pumpenliesen auch ohne Pumpen jede Menge Zukunftspläne. Der erste Termin – ein gemeinsames Frühstück für alle bis zuletzt Aktiven und die ehemaligen Mitglieder – steht bereits fest. Auch lieb gewordene Traditionen wie das Spargelessen, das Weggenbringen und die Fahrten zu den Weihnachtsmärkten nach Bremen oder Köln sollen beibehalten werden. Und wenn alle Stricke reißen und die Wehmut überhandnimmt – „dann spricht nichts dagegen, sich auch mal wieder zum Kegeln zu verabreden“, wirft Margret Maaßmann augenzwinkernd ein.
(Erschienen in: Bersenbrücker Kreisblatt, 03.2019)