Zwischen Fuhren von zersägten Kiefern, Säcken voller Heckenschnitt und schubkarrenweise verdorrten Stauden staunt Bauhofleiter Karsten Grabow über die Geschäftigkeit der Westerkappelner Gartenbesitzer, die sich von der Hitze dieses Sommers nicht unterkriegen lassen.
Im Schatten eines alten Sanobub-Sonnenschirms wartet Bauhofleiter Karsten Grabow auf Kundschaft. Samstagmorgen, 9 Uhr, Grünannahmestelle. Temperaturprognose: um die 35 Grad – wie schon seit Wochen. Und noch immer: kein Regen. „Die ersten müssten gleich hier sein“, sagt Grabow. Meine Bedenken, dass auch der eifrigste Gartenfreund bei diesem Wetter seine Freizeit womöglich lieber schläfrig im Sonnenstuhl verbringe, als sich mit Spaten, Rosenschere und Rasenharke im Staub seiner kargen Beete zu schaffen zu machen, fegt Grabow entschiedenen beiseite.
„Nachdem ich vor fast vier Jahren mit meiner Familie hierhergezogen bin und die Leitung des Bauhofes übernommen habe, kenne ich die Westerkappelner inzwischen recht gut“, sagt der gebürtige Belmer: „Die halten ihre Gärten sehr gepflegt.“ Daher ist der 44-Jährige auch mehr als zuversichtlich, dass sich der rostige Container auf dem Gelände an der Burgstraße, über dem träge ein paar Wespen surren, im Laufe des Vormittags weiter füllen wird.
Der Sommer 2018? Braun, grau und staubig!
Und der gelernte Gärtnermeister behält recht: Nur wenige Minuten später biegt bereits ein dunkler Pkw schnittig in die Einfahrt des Bauhofes ein. Der Fahrer öffnet die Heckklappe: Er hat verwelkte Stauden dabei, ein paar abgestorbene Balkonblumen, etwas Fallobst und etlichen Strauchschnitt. Wie sich der Sommer in seinem Garten bemerkbar mache? Er seufzt: „Die Tomaten in den Kübeln wässern wir zwar“, berichtet er, „aber alles andere ist braun, grau und staubig.“ Doch selbst in der ödesten Steppe – davon zeugen die prall gefüllten Big Bags – scheint der wahre Gartenfreund noch so manche Herausforderung zu entdecken.
Wie ebenfalls das Ehepaar, das mit einem Anhänger voller ausgegrabener, vor Vitalität geradezu strotzender Gartenpflanzen angerumpelt kommt. Die Wangen gerötet, die Stirn nass von Schweiß berichten die beiden, wie sehr ihre Zierfische bei den anhaltend hohen Temperaturen litten: „Da haben wir beschlossen, endlich einmal den Gartenteich zu sanieren und dabei auch gleich die komplette Uferbepflanzung umzugestalten.“ Mindestens eine Fuhre würden sie an diesem Vormittag noch vorbeibringen, kündigen sie an.
Immerhin: Kaum Gewicht im Sammelsack
Während ein junger Mann, auf dessen jüngst von ihm übernommenem Grundstück, wie er erzählt, es etwa 40 Kiefern zu fällen gebe, die erste Fracht mit Ästen auf einem separat liegenden Gehölzstapel packt, kippt eine ältere Dame den vertrockneten Inhalt ihres Sammelsacks laut raschelnd in den Container: Ich erkenne welkes Rhododendron-Laub und einen Pulk knisternder Halme, die wie Heu aussehen. „Immerhin wiegen die Gartenabfälle zurzeit kaum etwas“, weist sie lakonisch auf zumindest einen Vorteil der Dürre hin. Solange ihre Zisterne, in der sie das selten gewordene Regenwasser auffange, es hergebe, versorge sie derzeit noch ihre Topfpflanzen auf der Terrasse mit Feuchtigkeit. „Den Rasen natürlich nicht.“
Karsten Grabow hilft dabei Tüten, Fässer und Säcke aus Kofferräumen heraus und von Schiebkarren herunter zu heben. Er kassiert die anfallenden Gebühren zwischen 2,50 und fünf Euro, plaudert mit seinen Kunden über zu Ende gegangene Urlaube, quälend lange Autobahnstaus und die Strapazen der Wetterlage – und muss zwischendurch mit dem Radlader den Haufen aus mehr braunen als grünen Gartenresten weiter nach hinten in den Container verfrachten.
Bald eigenen Kompost anbieten?
„Sobald der Container voll ist, wird er abgeholt und zur Kompostierungsanlage nach Saerbeck gebracht“, erklärt Grabow. Genau wie auch das grobe Geäst. Dort würde aus den aus dem gesamten Kreis Steinfurt angelieferten Grünabfällen dann Kompost hergestellt und zum Verkauf angeboten. Die Äste würden zu Pellets verarbeitet. „So schließt sich der Kreis.“ Um den Westerkappelnern den Zyklus des pflanzlichen Materials zu veranschaulichen, hat der gelernte Gärtnermeister einen ganz besonderen Plan in petto: Er will langfristig den Kompost aus Saerbeck, in dem sich auch die Westerkappelner Grünabfälle wiederfinden, auf dem gemeindeeigenen Bauhof an der Burgstraße als umweltfreundlichen Dünger anbieten. Doch bis es soweit sei, müsse er wohl noch einige Telefonate führen.
Auch sonst sprießen im Kopf des 44-jährigen Bauhofleiters viele Ideen. „Ich möchte die Leute neugierig machen auf das, was da bei uns wächst, vor allem auf die Vielfalt“, hat er der Herrschaft der Geranien eine Abfuhr erteilt. Den Kreisel am Dölhof zieren mittlerweile naturnah arrangierte Stauden und Gräser. Auf dessen Pendant am Langenbrücker Hof, das ebenfalls zum Westerkappelner Gemeindegebiet gehört, blüht eine kunterbunte Wildblumenmischung. Im Beet neben der Hirsch-Apotheke haben die Bauhofmitarbeiter Heilkräuter, die auch in der Medizin angewendet werden, gepflanzt: Eisenkraut, Salbei, Sonnenhut. „Die Resonanz auf diese Neuerungen ist sehr positiv“, freut sich Grabow und fühlt sich darin bestärkt, die Tendenz zu mehr Naturnähe und einer bienenfreundlichen Pflanzenauswahl im öffentlichen Raum weiter voranzutreiben.
Die Grünannahme auf dem Bauhof an der Burgstraße hat jeden Donnerstag von 14.30 bis 17.30 Uhr sowie jeden ersten und dritten Samstag im Monat von 9 bis 12 Uhr geöffnet. Am vergangenen Samstag haben mehr als 20 Gartenfreunde ihre Pflanzenreste bei Karsten Grabow abgegeben.
(Erschienen: Neue Osnabrücker Zeitung, 09.08.2018)