Der Lieblingsplatz von Maria Hummel, der ist – hui, aufgepasst! – ganz schnell am neugierig dastehenden Betrachter vorbeigeflitzt. Mit ihrem Lopifit, einem Laufband auf Rädern, erreicht die Westerkappelnerin Geschwindigkeiten von bis zu 30 Stundenkilometern.
Für Aufsehen unter den anderen Verkehrsteilnehmern sorge ihr Vehikel immer wieder einmal, berichtet Maria Hummel schmunzelnd von staunenden Autofahrern und irritierten Spaziergängern. Zwischen herkömmlichen Trekkingrädern, E-Bikes, City-Rollern oder den, der holländisch inspirierten Lopifit-Technik nicht minder nahestehenden, Nordic-Walkern fällt ihr Gefährt – mit Rädern zwar, aber eben ohne Pedale und ohne Sitzgelegenheit – schon irgendwie auf. Einem zweiten seiner Art sei sie denn auch in und um Westerkappeln bislang noch nicht begegnet, während das Lopifit in den Niederlanden längst zum Straßenbild gehört.
Kurioses Fortbewegungsmittel
Aber wie um Himmels Willen ist die Physiotherapeutin wohnhaft in Seeste ausgerechnet auf ein solch kurioses Fortbewegungsmittel gekommen? Und vor allem: Warum ist es für sie zu einem Lieblingsplatz geworden? „Ich gehöre zur Generation Auto“, merkt Maria Hummel selbstkritisch an. Ob zur Arbeit von Seeste nach Westerkappeln, wo sie ihre Praxis betreibt, ob zur Mittagspause von Westerkappeln wieder zurück nach Seeste – und dann neuerlich noch einmal schnell die sechs Kilometer in den Ortskern für den Nachmittagsdienst – „dauernd nimmt so eine wie ich den Wagen“, schüttelt sie den Kopf. Dabei sei das nichts als eine ärgerliche Gewohnheit, reine Bequemlichkeit – und weder gut für die eigene Gesundheit noch für die Umwelt.
An guten Absichten fehlt es nicht
Die Nordic-Walking-Stöcke stehen irgendwo in einer Ecke bei ihr zuhause, auch ein ordinäres Fahrrad ist vorhanden – an guten Absichten fehlt es mithin nicht. „Aber das Nordic Walken ist auf Dauer nicht unbedingt gut für die Knie und Joggen schon mal gar nicht“, weiß die Physiotherapeutin um die Gefahren allzu sportlicher Betätigung, „und zum Radfahren habe ich ehrlich gesagt keine Lust, weil ich dann ja schon wieder sitzen würde.“ Kein Wunder also, dass ein Fernsehbeitrag über das Loptfit das Interesse der Ü-60-Jährigen weckte – und die Idee, das rollende Laufband könne möglicherweise zum Fortbewegungsmittel ihres Vertrauens werden, hielt sich hartnäckig in ihrem Hinterkopf. „Vielleicht hat es auch einfach meine holländische Seele erfreut“, sinniert die Seesterin mit niederländischen Wurzeln.
Bloß niemanden über den Haufen laufen
Sie fand heraus, welcher Händler in der Umgebung besagtes Gerät in seinem Angebot hat und machte sich dann vor ein paar Monaten, den Bauch voller kribbeliger Vorfreude, auf den Weg nach Oldenburg zum Probefahren, oder besser gesagt: zum Probelaufen. „Liebe auf den ersten Blick war es nicht“, erinnert sie sich an ihre Premiere, dazu habe sich die ganze Sache anfänglich als viel zu wackelig erwiesen. „Aber irgendwie habe ich sofort gemerkt, dass ich einen Draht zum Lopifit hatte.“ Also entschloss sie sich zum Kauf und ließ sich ihre Errungenschaft nach Westerkappeln an ihren Praxisstandort liefern. „Bevor ich mich auf den Radweg getraut habe, musste ich ja erst einmal sicherer werden auf dem ollen Biest.“ Geübt wurde auf dem örtlichen Parkplatz, immer dann, wenn gerade keine Fußgänger unterwegs waren, „die ich womöglich über den Haufen gelaufen wäre…“
Samt Akku und Transportkiste
Doch von Tag zu Tag kamen sich Maria Hummel und ihr Lopifit näher. „Irgendwann klappte das mit dem Auf- und Absteigen immer besser, auch das Wackeln wurde weniger und ich konnte sicher bremsen“, beschreibt die Physiotherapeutin ihre Fortschritte. Nach einer guten Woche des Übens wagte sie sich endlich von Westerkappeln nach Seeste – und mittlerweile ersetzt das Lopifit mehr und mehr den Pkw. Beim Fortbewegen lädt sich, ähnlich wie bei einem E-Bike, zudem ein Akku auf, der die Läuferin dann bei Bedarf unterstützt. Eine Transportkiste aus dem Motorradzubehörladen vervollständigt das Ensemble, sodass auch kleinere Einkäufe mühelos erledigt werden können. „Etwa 20 Minuten brauche ich bei zügigem Gehtempo für die Strecke Seeste-Westerkappeln“, berichtet Maria Hummel zufrieden, „ich bin gut in Bewegung, muss aber nicht rennen – das gefällt mir!“
(Erschienen in: Neue Osnabrücker Zeitung, 27.06.2018)