Die Kapuze tief in die Stirn gezogen und den Regenschirm griffbereit, trotzten Pflanzenbegeisterte aus der Region und weit über sie hinaus am vergangenen GartentraumWochenende dem Regen und erkundeten die Vielfalt der rund 75 beteiligten Gärten im gesamten Osnabrücker Land.
Aschgrau. Zementgrau. Taubengrau. Mit skeptischen Blicken äugt Petra Rosenbach ins Wetter und zieht den Reißverschluss ihrer Steppweste noch ein Stückchen höher: „Das könnte schon etwas besser aussehen…“, hätte sie die Wolken am Himmel über dem Osnabrücker Land gerne beiseitegeschoben. Doch die Bedenken der Geschäftsführerin des Tourismusverbands Osnabrücker Land, der anlässlich der Landesgartenschau in Bad Iburg in diesem Jahr erstmals zu einem kreisweiten GartentraumWochenende eingeladen hatte, erwiesen sich am Ende als unbegründet: Denn was ein echter Gartenfreund ist, der lässt sich auch von einem eher herbstlichen Ambiente nicht abschrecken.
„Wir sind überwältigt von der Resonanz“, freut sich Elisabeth Jans-Westerlage aus Neuenkirchen über die mehreren hundert Gäste, die durch die weitläufige Kulisse der ehemaligen Hofanlage ihrer Familie flanieren und sich über die liebevoll inszenierten Details amüsieren. „Ideen muss man haben“, bestaunt eine Besucherin den vor lauter Blütenpracht schier berstenden Bauerngarten, in dessen Nischen die mit einem Augenzwinkern drapierten Requisiten – Suppentöpfe, Schöpfkellen, ein ausgedienter güldener Hochzeitsschuh – immer wieder für ein Schmunzeln sorgen. „Es ist wirklich wunderbar, wie schnell man mit den Besuchern ins Gespräch kommt und ins Fachsimpeln gerät“, beschreibt Jans-Westerlage das besondere Flair der beiden Tage. Spontan seien bereits einige Gegenbesuche verabredet und die eine oder andere Staude verschenkt worden.
Viele Inspirationen und manch gärtnerischer Tipp für das eigene Grundstück erwarten die Gäste auch im Lehr- und Versuchsbetrieb der Hochschule für Landschaftsarchitektur in Osnabrück-Haste. Hier führen Professor Jürgen Bouillon und seine Mitarbeiter Silke Schwarz und Friedrich Rotter die Gartenliebhaber über das Gelände. Welche Pflanzen vertragen sich miteinander? Welche Funkien-Sorten sind besonders schneckenresistent? Was gehört in den Schatten und was in die Sonne? „Genaugenommen ist unser Staudengarten ein riesiges Freiraumlabor“, erklärt Silke Schwarz. Von den Ergebnissen, die die Wissenschaftler auf dem etwa 0,9 Hektar großen Areal gewinnen, profitieren an diesem GartentraumWochenende auch die Besucher. Während die drei Pflanzenexperten ihre Gäste durch das „Holländische Zimmer“ über den „Mittelmeer Weg“ am Hochstaudenbeet und am Trockenrasen vorbei bis zur Stein- und Teichanlage lotsen, zücken einige Passanten denn auch ihr Notizbüchlein und schreiben eifrig mit.
Beim Anlegen des Kräutergartens von Familie Groneick in Gehrde waren ebenfalls Fachleute am Werke. „Damit sich jede Pflanze in guter Gesellschaft befindet und den richtigen Standort bekommt“, erläutert Erika Groneick, „haben wir uns einen Entwurf von der Landwirtschaftskammer machen lassen.“ Die kleinteilige Parzellierung der Beete sorgt nun dafür, dass Trippmadame, Pimpinelle, Schokominze, Lakritz-Tagetes oder Muskateller-Salbei auf dem Artländer Ferienhof ein perfektes Zuhause gefunden haben. Während Erika Groneick ihren Gästen schmackhafte Kostproben von mehr als 70 verschiedenen Kräutern zupft – „Hier kann sich auch außerhalb des GartentraumWochenendes jeder unserer Gäste bedienen – alles ist essbar und nichts gespritzt“, führt ihre Enkelin Eva den Besuchern vor, wie gut ein Blättchen zwischen den Fingern zerdrückte Fette Henne gegen nervig juckende Mückenstiche hilft.
An schmackhaften Köstlichkeiten mangelt es auch im Familiengarten von Josefa und Georg Horstmann am Stadtrand von Osnabrück nicht. Auf ausladenden 4500 Quadratmetern genießen drei Generationen die Vorzüge der Natur. Die einstige Hofanlage bietet neben einem mit Johannis-, Heidel-, Him- und Stachelbeeren süß bestückten und entsprechend gut besuchtem Naschgarten sowie einer schier grenzenlosen Rasenfläche zum Spielen und Toben auch abwechslungsreiche Rückzugsmöglichkeiten für Jung und Alt: von üppigen Stauden umgebene Sitzplätze, lauschige Bänke unter schattenspendendem Gehölz – und für den Nachwuchs ein solides Baumhaus im Villa-Kunterbunt-Design. „Jeder kann hier seinen Interessen nachgehen“, beschreibt Josefa Horstmann das Konzept des generationenübergreifenden Miteinanders, „und wenn wir gemeinsam Zeit verbringen wollen, treffen wir uns am großen Familientisch unter dem etwa 80 Jahre alten Walnussbaum.“
Als sei er eigens für diesen Schautag bestellt, verleiht der zarte Nieselregen dem Secret Garden von Deborah und Hansjoachim Prüfer aus Rieste an diesem GartentraumWochenende das besondere Quäntchen britischer Authentizität. „Für unsere Rosen ist ein bisschen Regen nach der langen Trockenheit gar nicht schlecht“, nimmt die gebürtige Engländerin die Wetterlage mit Humor – und lädt ihre Gäste zu einer Reise durch eine gediegene Gartenlandschaft ein, in der mehr als 300 Rosenbüsche, die sich aus über 65 Arten zusammensetzen, gedeihen. Namensgeber für den verwunschenen Siedlungsgarten, der auf etwa tausend Quadratmetern eine komplette Urlaubsszenerie ausbreitet, sei ihr Lieblingsbuch aus Kindertagen gewesen: „The Secret Garden von Frances Hodgson Burnett“, verrät Deborah Prüfer.
In die faszinierende Weite einer asiatisch inspirierten Landschaft tauchen die Besucher von Kyung Ok und Peter Langer ein. Das Ehepaar, das seine koreanischen Wurzeln in die Hasberger Krume verpflanzt hat, bietet seinen Gästen auf etwa 2000 Quadratmetern weitläufige Sichtachsen über eine zentrale Teichanlage. Verschiedene Sitzgelegenheiten – filigrane Gartenmöbel genauso wie derbe Holzbänke – laden ein, den Körper verweilen, den Blick schweifen und die Gedanken fliegen zu lassen. „Wir haben den Garten vor 20 Jahren selbst gestaltet“, erzählt Peter Langer und fügt mit einem Schmunzeln hinzu: „Wer genau hinschaut merkt, dass die Konturen des Teiches die Umrisse von Korea tragen, einem vereinten übrigens.“ Umgeben von Bambus, Kamelien, Amber-, Trompeten- und Blauglockenbaum ist der unbestrittene Hingucker auf dem Gelände dennoch das stattliche, koreanisch inspirierte und ebenfalls selbst gebaute Teehaus.
Auch Anja und Heiko Abbenseth haben ihren erst vor fünf Jahren angelegten Garten in einer Siedlung am Rand von Bad Iburg selbst entworfen. „Wichtig war uns die Kombination von klassischen und modernen Elementen“, beschreibt Anja Abbenseth ihre Prioritäten. Und so findet der Betrachter eine konsequente Gradlinigkeit bei der Gestaltung der Beete vor, deren Strenge aber bewusst durch die ausladende Bepflanzung mit Rosen und Hortensien aufgelockert oder an einigen Stellen sogar ganz aufgelöst wird. Viel Beachtung findet bei den Besuchern am Wochenende auch das – ebenfalls selbst konzipierte – Wasserelement: „Das Becken ist extra so konstruiert, dass wir im Sommer unsere Füße reinhalten können“, freut sich die Hausherrin schon auf wärmere Temperaturen. Und damit nicht nur die Zweibeiner Spaß an ihrem Garten haben, hat das Ehepaar Abbenseth auch an die Insekten gedacht. Felsenbirne, Ringelblumen und Lavendel sorgen dafür, dass auch der Tisch für Hummel, Biene und Co. gedeckt ist.
Wer den Landschaftsgarten von Ulrike und Hermann Pethig in Badbergen besucht, sollte getrost seine Wanderschuhe anziehen. Stolze 14.000 Quadratmeter umfasst die einstmals verwilderte Fläche, die die bekennenden Kunst- und Kulturliebhaber Schritt für Schritt in eine gepflegte Parkanlage verwandelt und mit allerlei ästhetischen Hinguckern und Kuriositäten gespickt haben, von architektonisch reizvoll gestalteten Beeten und Gartenhäusern bis zu effektvoll präsentierten Skulpturen. „Ehrlich gesagt, ist das Ganze hier aus dem Bauch heraus entstanden“, gesteht Ulrike Pethig. Zunächst sei eine Lichtung rund um das beschauliche Artländer Heuerhaus geschaffen worden, „anschließend haben wir sukzessive unsere eigenen Vorstellungen von einem Garten verwirklicht.“ Ulrike Pethig lacht und bekennt: „Und dann waren wir eines Tages tatsächlich am Zaun angelangt!“ Doch der, stellen die Besucher fest, befindet sich so weit entfernt, dass man gut und gerne mehrere Stunden unter den alten Bäumen herumspazieren kann – und einem dabei doch immer wieder neue, spannende Details ins Auge fallen.
Das Fazit des ersten GartentraumWochenendes im Osnabrücker Land: „Es haben sich wirklich sehr nette Gespräche unter Gleichgesinnten ergeben“, berichtet Gartenbesitzer Hansjoachim Prüfer aus Rieste, „so eine Veranstaltung könnte man eigentlich jedes Jahr anbieten.“ Wie viele andere ist er überrascht, dass etliche Pflanzenfreunde weite Wege – oft sogar mit dem Fahrrad – nicht gescheut haben, um einen Blick in die Gärten des Landkreises zu werfen: Nicht nur aus dem Osnabrücker Land selbst nutzen die Blumenliebhaber das erste GartentraumWochenende, sondern auch aus Hameln, Bünde, Bad Oeynhausen und dem Emsland.
„Ich freue mich sehr über die Begeisterung und das Engagement der vielen Gartenbesitzer, die sich am GartentraumWochenende beteiligt haben“, betont Petra Rosenbach, „und natürlich über das Interesse der vielen Besucher, die trotz des nicht optimalen Wetters gekommen sind.“ Sie dankte den Gartenfreunden des Offenen Gartentors, des GartentraumSonntags sowie den vielen lokalen Initiativen und den Privatgärtnern, die sich zusammengetan und für die Idee des GartentraumWochenendes begeistert hätten. „Selten habe ich es erlebt, dass so viele Leute gesagt haben: wir machen mit, wir haben Ideen, wir kümmern uns.“ Und auch, wenn derzeit kein weiteres GartentraumWochenende geplant sei – „Das Thema Garten wird auch über die Laga hinaus eine wichtige Rolle bei uns im Osnabrücker Land spielen“, ist sich Petra Rosenbach sicher.
(für: Tourismusverband Osnabrücker Land, 25.04.2018)