Schließlich ist Rainer Schmidt als Bundesförster unter anderem dafür zuständig, dass die Verkehrssicherheit an den bundeseigenen Wasserstraßen im Revier Seeste durch den waldigen Randbewuchs gewährleistet wird. Das Stichwort ist Windschutz. Zu den Gewässern gehört neben Teilstrecken des Dortmund-Ems-Kanals eben auch der Mittellandkanal, der sich direkt unterhalb des Grundstücks des in Paderborn geborenen und in Osnabrück-Eversburg aufgewachsenen Naturfreundes entlangzieht: Seit nunmehr 20 Jahren bewohnt Schmidt das schmucke Försterhäuschen am nördlichen Rand der Gemeinde Westerkappeln – und fühlt sich darin so wohl, dass er es vor sechs Jahren für sich und seine Familie erworben hat.
Ob er mit dem Fernseh-Förster „Rombach“ tauschen würde? Rainer Schmidt wiegt unschlüssig den Kopf und schmunzelt: „Vielleicht.“ Aber nicht wegen der Landschaft – so viel steht fest. „Wenn überhaupt, dann wegen des romantisch verklärten Berufsbildes.“ Denn anders als bei „Forsthaus Falkenau“ stiefelt Rainer Schmidt nicht den lieben langen Tag in Lodengrün durch Wald und Flur. „Ich lege im Monat so um die 3000 Kilometer im Auto zurück und sitze etwa ein Drittel meiner Arbeitszeit am PC.“ Seinen Aufgabenschwerpunkt als Beamter der „Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, Sparte Bundesforst“ bezeichnet er denn auch viel mehr als ein „Objektmanagement“ als nur bloße „Beförsterung“.
Nein, nach Rombach’scher Romantik klingt der Alltag eines Bundesförsters nicht unbedingt. Doch auch wenn der 47-Jährige häufiger mit Dienstfahrzeug und Mobiltelefon als mit dem Rucksack unterwegs ist – das Objekt seiner Bemühungen ist und bleibt die Natur. Deren Erscheinungsbild hat sich in den vergangenen Jahren – besonders seit dem Abzug des Militärs – massiv verändert. Und mithin auch die Perspektive, aus der heraus der Fiskus seine Liegenschaften betrachtet und nutzt.
Ob die Stiftung Schoellerhof, der ehemalige – für die Öffentlichkeit aus Sicherheitsgründen gesperrte – Truppenübungsplatz Achmer oder das stetig wachsende Areal an Ausgleichsflächen, mit denen der Staat seine Bauprojekte per Gesetz kompensieren muss: „Heute ist der Naturschutz ein wesentlicher Teil meiner Arbeit“, sagt Schmidt. Und was allein die Gemeinde Westerkappeln hier an wahren Perlen zu bieten habe! „Das wissen viele Bürger gar nicht – auch nicht die, die jenseits der Landesgrenze in Osnabrück leben“, bedauert der Bundesförster. Er betont: „Westerkappeln ist kreisweit eine der Gemeinden mit dem höchsten Naturschutzpotenzial.“
Überhaupt ist Rainer Schmidt der Ansicht, dass sich seine Heimatgemeinde deutlich unter Wert verkauft: „Allein das hervorragende Netz an Radwegen“ findet seine Begeisterung. An seinem Lieblingskanal entlang könne man mühelos von einem Highlight zum nächsten radeln: vom geschichtsträchtigen Kalkriese bis zum idyllischen Waldfreibad nach Recke. Dazu einen Abstecher über die Kiebitzroute durch die Düsterdieker Niederung. Oder auch bis in den Ortskern hinein. Denn auch der, ist Schmidt überzeugt, brauche sich nicht zu verstecken. „Westerkappeln punktet mit einem gepflegten Zentrum, selbst wenn der Einzelhandel etwas besser dastehen könnte“, sagt der Wahlseester. Auch die Stadtkirche sei ein Pfund, mit dem sich in der touristischen Außendarstellung wuchern ließe: „Wo in unserer Region gibt es eine zweite Kirche mit so einer Wahnsinnsakustik?“
Ein letzter zufriedener Blick über den Kanal. Dann stapft Rainer Schmidt zurück zu seinem Geländewagen: Der nächste Termin ruft. Doch bevor er den Motor anwirft, beugt er sich noch einmal aus dem geöffneten Fenster: „Ich habe mir eigentlich nie vorstellen können, etwas anderes zu tun als das, was ich jetzt mache“, sagt er. Denn trotz aller bürokratischen Verwaltungsarbeit sei es doch beglückend mitzuerleben, wie vom Bundesforst initiierte Projekte Gestalt annähmen und Flächen sich zu artenreichen Biotopen entwickelten. „Und von solchen spektakulären Naturschutz-Highlights“, sagt er, „gibt es in der Gemeinde Westerkappeln tatsächlich eine ganze Menge.“
(Erschienen in: Neue Osnabrücker Zeitung, 29.07.2014)