Hätte man sich ja denken können, dass Nikolaus „Otto“, engagiert wie er ist, selbst außerhalb seiner heißen Dienstphase die Füße nur höchst selten hochlegt: Wer sich – nach dem Vorbild des heiligen Nikolaus, Bischof von Myra – für die Kinder, für die Armen und für die Schwachen einsetzt, der hat auch außerhalb des Monats Dezember reichlich zu tun: Wenn er also nicht gerade rot gewandet, mit Glöckchen, Jutesack und goldenem Buch unterwegs ist, kümmert sich der Mitbegründer des „Mettinger Arbeitskreises Eine Welt“ gemeinsam mit seinen Freunden um soziale Hilfsprojekte rund um den Globus.
Den weißen Rauschebart frisch gekämmt, den purpurroten Festtagsumhang gebügelt – und natürlich: die lange Liste mit den guten und den nicht ganz so guten Taten der Menschen eingepackt. Als einer von sieben Nikoläusen des Mettinger Arbeitskreises Eine Welt ist Otto Nienhoff nun schon in seinem 26. Winter unterwegs, um Kinder, Jugendliche und gern auch Erwachsene zu beglücken. Und manchmal auch, um dem einen oder anderen von ihnen sanft, aber nachdrücklich die Leviten zu lesen. „Ja, so ist das wohl“, raunt der 65-Jährige, „wir Nikoläuse gelten bei vielen als moralische Instanz.“ Ein Schmunzeln legt sich auf sein Gesicht.
Aber mal ehrlich: Haben kleine Schelme etwas zu befürchten, wenn es bei ihnen am Nikolausabend vor der Haustür rumpeln und pumpeln sollte? Nikolaus Otto zwinkert aus freundlichen Augen unter der Mitra hervor: „Vor dem Nikolaus braucht niemand Angst zu haben“, sagt er. Dass Drohen und Schimpfen keine guten Helfer beim Großwerden sind, weiß er nur allzu gut: Schließlich hat der gebürtige Borkener, als er noch ein junger Kerl war, Pädagogik studiert und als Mathematiklehrer seinen Schülern das Rechnen beigebracht. „Mut machen. Trösten, wenn es mal nicht so gut geklappt hat. Und vor allem: viel loben“ – das ist das erzieherische Konzept von Nikolaus Otto.
Wie reagiert er, wenn er doch mal einen bedenklichen Eintrag in seinem goldenen Buch entdeckt? „Timo erledigt seine Hausaufgaben nicht ordentlich.“ Oder: „Jule will ihren Schnuller nicht abgeben.“ Oder: „Finn und Nele streiten sich dauernd.“ Der Nikolaus nickt bedächtig und denkt in aller Ruhe nach, bevor er antwortet: „Im Laufe der Jahre habe ich viele Geschichten gesammelt“, berichtet er. „Die handeln nicht bloß von der Weihnachtszeit oder vom echten Nikolaus, sondern auch von den kleinen und großen Schwächen der Menschen.“ Oft gebe es da genau die passende Stelle, in der sich die Kinder mit ihren Problemen wiederfänden. „Und meistens steckt da auch ein guter Tipp oder sogar die Lösung für den persönlichen Konflikt drin.“
Er lächelt. Ja, die Vorfreude auf seinen großen Tag am 6. Dezember ist ihm anzumerken. Rund 70 Besuche stehen für ihn und seine Kollegen im Terminkalender. Wenn sich Nikolaus Otto dann spät in der Nacht erschöpft, aber glücklich zu Hause in seinen Lieblingssessel fallen lässt, wird er seiner Frau Maria wohl wieder von den vielen lustigen, bewegenden und zu Herzen gehenden Begebenheiten erzählen, die er in dieser Nikolaussaison erlebt hat. Der Privatmann Otto Nienhoff wird sich zudem darüber freuen, dass der Mettinger Eine-Welt-Verein mit den Einnahmen und Spenden aus der Aktion seine Hilfsprojekte von Brasilien bis Madagaskar, von Rumänien bis Ghana unterstützen kann.
(Erschienen in: Neue Osnabrücker Zeitung, 02.12.2014)