Das kreative Geschehen beim evangelischen Frauentreff in der Arche in Alt-Lotte rankt sich an diesem Abend um das Thema Grußkarten gestalten: Ob zu Ostern, zur Konfirmation, zur Hochzeit oder einfach so – das Feld ist weit und vor allem: bunt.
Der Bogen Bastelkarton, den ich mir ausgesucht habe, ist so grün wie der Pfefferminztee in meiner Tasse. Lindgrün. Der putzige Moosgummischmetterling präsentiert sich in kräftigem Apfelgrün. Eher ins Waldgrüne dagegen tendieren die kleinen Filzblumen. „Bedienen sie sich! Greift zu!“, laden Carola Albrecht und Annette Salomo ihre Gäste ein und servieren außer aromatisch vor sich hin dampfenden Heißgetränken, die sich bei mir anscheinend unmittelbar auf die Farbwahl meiner Utensilien auswirken, auch eine Schüssel voll glitzernd verpackter Schoko-Ostereier. Ich fische mir ein Grünes heraus.
Aus dem Vollen schöpfen
Die wichtigsten Zutaten für ein nicht nur anregendes, sondern auch produktives Miteinander hat diesmal aber Heike Wermeier mitgebracht: körbe-, ach was: bergeweise Rohmaterial! „Das hat sich über die Jahre in meiner Familie so angesammelt“, erklärt die leidenschaftliche Bastlerin mit einem beinahe entschuldigenden Lächeln und breitet ihre Schätze vor uns auf den Tischen aus: derber Bastelkarton, feines Bastelpapier, transparente Bastelfolie. Strukturiert oder schlicht. Matt oder glänzend. Unifarben oder gemustert. Gepunktet, kariert oder mit Motiven. Und zum Dekorieren: Blüten, Herzen, Fische, Häschen und unzähliges Andere. Klein oder groß. Dick oder dünn. Aus Papier, Filz oder Holz. Dazu Glitzerstaub und Perlhuhnfedern. Winzige Wattepompons und filigrane Girlanden, Perlen und Knöpfe. Zackenscheren, Schablonen und Stanzer für weitere Formen potenzieren das Angebot ins schier endlose…
Das Spiel der Farben und Muster
Für diejenigen, die wie ich nach Orientierung in der Fülle der Möglichkeiten suchen, hat Heike Wermeier zuhause schon mal ein paar Kartenvarianten vorbereitet. „Die dürft ihr gerne nacharbeiten“, sagt sie, „oft entwickelt sich die Kreativität beim Basteln.“ Dass die Mitglieder des Frauentreffs, die sich an jedem dritten Mittwoch im Monat um 20 Uhr in der Arche treffen, reichlich eigene Ideen haben, merke ich schnell. Während ich – zwar mit persönlicher Farbgebung – eine der hübschen Musterkarten kopiere, lassen die anderen ihren Vorstellungen freien Lauf: Annette Salomo arrangiert einen fröhlichen Blumenstrauß auf ihrer Osterkarte, Heike Beeck wählt mit Bedacht die Bordüren für einen Hochzeitsgruß aus, und Katharina Flender und Martina Bergmann haben sich gemeinsam auf die Osterhasenzucht spezialisiert: Besonders das Patchwork-Exemplar auf zart gemustertem Untergrund ist ein echter Hingucker. „Bunt auf bunt…“, sinniert Heike Wermeier sehr angetan von dem Effekt, „ich hätte gar nicht gedacht, wie toll das wirkt.“
Individuelle Wertschätzung erfreut den Adressaten
Sie fertige inzwischen sämtliche Karten für nahezu alle Anlässe selber an, sagt die gelernte Arzthelferin. Einige der Adressaten hätten sich so sehr über die individuell gestaltete Aufmerksamkeit gefreut, dass sie sich sogar als künftiges Geschenk einen Stapel selbst gebastelter Grußkarten von ihr gewünscht hätten, schmunzelt Wermeier. „Man kann noch zusätzlich einen passenden Spruch hineinschreiben“, regt sie an und deutet auf eine Auswahl immerwährender Kalender mit irischen Segenswünschen, geistreichen Zitaten oder humorvollen Lebensweisheiten hin, „oder weitere ausgestanzte Figuren – kleine Hufeisen oder Glückskäfer – lose in den Umschlag geben, die dann beim Öffnen der Karte herausfallen. Das ist immer eine nette Überraschung.“
Wenn die Inspiration zu sprudeln beginnt
Je länger wir schnippeln und kleben, darüber schwadronieren, welche Vorder- zu welchen Hintergründen passen, uns gegenseitig ermutigen und in gewagten Farb- und Formexperimenten bestärken, umso munterer sprudelt die Inspiration und umso bunter werden die Grußkarten. Hier noch ein Strass-Steinchen, da noch ein Tape-Streifen. Vielleicht noch ein paar Stoffsternchen? „Man kann sich da richtig reinsteigern…“, murmelt Carola Albrecht und beäugt nachdenklich ihre kunstvolle Frühlingskreation. Heike Wermeier nickt zustimmend und seufzt amüsiert: „Ja, man kann wirklich stundenlang an einer Karte herumbasteln…“ Ich für meinen Teil trinke entschlossen einen letzten Schluck Pfefferminztee, drapiere ein finales Kleeblatt in die linke untere Ecke meines Ostergrußes und erkläre meine grüne Phase für beendet. Ob Annette Salomo und Carola Albrecht wohl auch Hagebuttentee in ihrem Ausschank haben?
(Erschienen in: Neue Osnabrücker Zeitung, 28.03.2018)