Osnabrück. Wer sich Waren von außerhalb der EU schicken lässt, lernt früher oder später auch den Zoll und Abkürzungen wie „EUST“ kennen. Allein die vier Zollämter des Hauptzollamts Osnabrück haben im vergangenen Jahr rund 17.000 Postsendungen abgefertigt. Ein Erfahrungsbericht.
Die Nachricht erreicht den Empfänger auf einem schlichten Bogen Recyclingpapier in einem ebensolchen Umschlag. Darin informiert die Deutsche Post, dass sie „eine an Sie gerichtete Postsendung mit Herkunft außerhalb der EU nicht beim Deutschen Zoll zur Verzollung anmelden“ konnte. Und deshalb beim zuständigen Zollamt hinterlegt habe. Willkommen in der Welt der Auslandseinfuhr, der Zölle und der Einfuhrumsatzsteuer.
Es ist ein Kosmos, der sich vor den Zeiten des Internets in seiner ganzen wunderbaren Schönheit und Vielfalt oft nur Reisenden und professionellen Importeuren offenbarte. In Zeiten von Ebay und Amazon hat sich das geändert. Die Bestellung im Ausland ist nur einen Klick entfernt, dank Paypal und Co. ist auch das Bezahlen über Ländergrenzen hinweg kaum noch eine Hürde. Und schon ist das Paket – oft aus Asien – unterwegs.
Sendungen aus Nicht-EU-Staaten werden „zollamtlich abgefertigt“
Und genau das ist das Problem: Während der Warenverkehr innerhalb der EU völlig problemfrei läuft, müssen Postsendung aus einem Nicht-EU-Staat grundsätzlich zollamtlich abgefertigt werden. Die gute Nachricht: Geschenksendungen sind bis zu einem Wert von weniger als 45 Euro abgabenfrei. Und auch die meisten Warensendungen mit einem Gesamtwert von nicht mehr als 22 Euro – zum Gesamtwert zählt auch das Porto – können ohne die Erhebung von Einfuhrabgaben eingeführt werden. Wenn alles glatt läuft, merkt der Empfänger in diesen Fällen oft gar nichts von dem kleinen Umweg über den Zoll. Die schlechte Nachricht: Von der Befreiung ausgeschlossen sind alkoholische Erzeugnisse, Parfums, Toilettenwasser, Tabak und Tabakwaren.
Allerdings ist der Zoll zu Recht misstrauisch: Zu groß scheint die Versuchung bei einigen Versendern zu sein, auch Waren als Geschenk zu deklarieren. Und wer verbotene Dinge in die EU schickt, wird diese wohl kaum korrekt außen auf dem Päckchen auflisten.
Rechnung muss außen an der Sendung befestigt sein
Der Schwierigkeitslevel steigt, wenn der Warengesamtwert 22 Euro oder der Geschenkwert 45 Euro übersteigt. Immerhin: Falls die Rechnung außen an der Sendung befestigt ist und die Zollinhaltserklärung ausgefüllt, aufgeklebt und schlüssig ist, stehen die Chancen gut, dass die Postgesellschaft die Zoll-Formalitäten regelt und das Paket dann zustellt. Mögliche Steuern, Zölle und Gebühren muss dann natürlich der Empfänger begleichen. Und die können sich schnell summieren. Allein die Einfuhrumsatzsteuer entspricht mit 19 Prozent der Mehrwertsteuer.
Die Entscheidung darüber, ob die Postgesellschaft den Fall regeln kann, fällt in der Regel in der Auswechselstelle. Dort übernimmt der Postdienstleister Sendungen aus dem Ausland. Fehlen Zollinhaltserklärung oder Rechnung oder sind die Angaben nicht schlüssig, wird es komplizierter. Der rote Aufkleber „Zoll-Sendung. Diese Sendung darf nur an ein Zollamt ausgeliefert werden. Nicht an den Empfänger zustellen!“ gibt ab jetzt den neuen, steinigeren Weg vor.
Wo ist mein Zollamt?
Und der führt über das zuständige Zollamt. Welches Zollamt das ist, das richtet sich nach dem Wohnort. Dort wird die Sendung dann 14 Tage lang aufbewahrt, danach geht sie an den Absender zurück. Es ist also an der Zeit, die vom Zoll geforderten Unterlagen zusammen zu suchen. Dazu gehören neben dem Schreiben, dass das Paket beim Zoll liegt vor allem der Nachweis über den tatsächlich gezahlten Preis.
Beim Zoll muss nach der Prüfung der mitgebrachten Papiere die Sendung geöffnet werden. Das überlassen die Zöllner das den Empfängern. So werden Diskussionen darüber verhindert, ob der Inhalt ausgerechnet bei der zollamtlichen Behandlung zu Schaden oder abhanden gekommen ist. Das ist dann der Moment der Wahrheit: Einfach mitnehmen oder auf die Unterlagen warten? Wer warten muss, darf in der Regel auch zahlen. Im Gegenzug gibt es dann die Ware, eine Quittung mit Bundesadler und Dienststempel, den Einfuhrabgabenbescheid, den Befund zur Anmeldung, den Befund zur Position und natürlich die „Information über die Überlassung von Positionen.“ Rund eine halbe Stunde dauert das ganze Verfahren.
Immerhin: Wer weder Zeit noch Lust hat, sein Zollamt auch mal von Innen kennenzulernen, kann die Post mit der „nachträglichen Postverzollung“ beauftragen.
Ende gut, alles gut?
Ende gut, alles gut? Nicht immer: So ist zum Beispiel die Einfuhr von Arzneimitteln auf dem Postwege durch Privatpersonen verboten. Der Zoll darf diese Medikamente nicht freigeben. Sie sind entweder zurückzusenden oder zu vernichten. Viele Geräte oder Spielzeug aus Drittländern erfüllen nicht die Anforderungen an die Produktsicherheit. Der Zoll muss hier die Entscheidung des zuständigen Gewerbeaufsichtsamtes einholen. Bei Verstößen gegen den Markenschutz oder das Urheberrecht werden die Waren beschlagnahmt. Und verbotene Gegenstände wie zum Beispiel Waffen, werden nicht nur beschlagnahmt, sondern auch an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet.
Das Fazit: Wer Waren im Internet bestellt, sollte darauf achten, von wo sie verschickt werden. Kommen sie von außerhalb der EU, werden ab einem Gesamtwert von 22 Euro 19 Prozent Einfuhrumsatzsteuer fällig. Ein Schnäppchen stirbt so schnell den Abgaben- und Umstandstod. Immerhin, dafür hat man sein Zollamt mal von Innen gesehen…
(Erschienen am 3. Mai 2015 auf noz.de)