Der Golfclub Habichtswald in Velpe hat zusätzlich zu seiner 18-Loch-Bahn einen Sechs-Loch-Kurzplatz eröffnet. Ich fahre gerne Rad. Gehe zum Schwimmen. Nehme die Niederlagen, die mir meine Kinder beim Tischtennis zufügen, mit einem Lächeln hin. Aber Golfen? Zwischen dem kleinen weißen Ball und mir hat sich bisher noch keine Beziehung angebahnt. Das mag daran liegen, dass ich an den grünen Sportstätten der Region bisher immer nur vorbei gefahren bin. Heute dagegen halte ich an. Frage mich durch bis zu Bernd Maiß, der zuständig ist für die Öffentlichkeitsarbeit des Vereins – und bin gespannt, ob der Funke der Faszination auf mich überspringt.
Einfach mal ausprobieren
„Nicht lange reden – lieber gleich los legen“: Bernd Maiß hat eines der Elektrocarts des Vereins organisiert und lenkt das Gefährt über die sanften Hügel des mit insgesamt rund 65 Hektar Ausdehnung beeindruckend großen Areals. „Was die Golfer an ihrem Sport begeistert“, sagt er, „das muss man am besten selbst erleben, indem man es einfach ausprobiert.“ An alten Obstbäumen und kleinen Wäldchen vorbei, an Teichen und Gräben, Wildblumenteppichen und Gehölzstreifen chauffiert Maiß uns in sicherem Abstand um bunte Grüppchen – mal entspannt, mal forsch über den Rasen schreitender – Golfenthusiasten herum. Man winkt einander freundlich zu und flachst ganz kultiviert ein wenig herum. „Wir haben hier viele Freunde aus den Niederlanden zu Gast, die den Platz gegen eine entsprechende Gebühr nutzen“, erklärt mein Begleiter. „Unser Gelände ist topografisch abwechslungsreich und wegen der Neigungen und Steigungen auch ziemlich anspruchsvoll.“
Imposante Kulisse mitten im Grünen
Bernd Maiß lässt seinen Blick über das Terrain der ehemaligen Tongrube schweifen, das sich nahtlos in die umgebende Naturkulisse einfügt. „Ist das nicht ein herrlicher Platz“, raunt er versunken. Und – ja, Recht hat er. Fazit eins: Seinen Sport in einer solch imposanten – von fünf fest angestellten Platzpflegern in stets gediegenem Zustand gehaltenen – Parklandschaft zu betreiben, das dürfte tatsächlich jedes Mal aufs Neue ein erhebendes Erlebnis sein. Egal, wohin der Golfball fliegt.
Eine Wissenschaft für sich
Womit wir bei Punkt zwei der Faszination angelangt wären: der Technik des Spiels. Bernd Maiß und ich lassen die Könner auf der 18-Loch-Bahn hinter uns und steuern den neuen Kurz-Platz an, auf dem Maiß‘ Vereinskollege Daniel Wiegers uns bereits erwartet. Während nebenan auf dem Hauptfeld das „lange Spiel“ gefragt ist – mit möglichst wenigen und also entsprechend weiten, manchmal bis zu 300 Meter langen Schlägen den Ball vom Abschlag bis in die Nähe des Lochs zu peitschen – steht auf der neuen Anlage das „kurze Spiel“ im Mittelpunkt: „Chippen“, „Pitchen“ und „Putten“ – verschiedene Schlagvarianten für Distanzen unter 50 Metern. Daniel Wiegers ist von gleich drei Golfbags umgeben, von denen ein jedes – laut Reglement – höchstens 14 unterschiedliche Schlägertypen enthalten darf. Denn natürlich gibt es für fast jede Spielkonstellation das passende Werkzeug: „Sand Wedge“, „Lob Wedge“ oder „Putter“ für die kurzen Strecken, „Driver“, verschiedene „Eisen“ und „Hybrid-“ oder „Rescue“-Schläger für die langen. Eine Wissenschaft für sich.
Im kühnen Bogen über die Bahn
Welchen Schläger Wiegers mir mit einem aufmunternden Lächeln in die Hand drückt? Keine Ahnung. Bevor ich die Distanz zu „Loch 1“ überwinde, heißt es doch zu aller erst einmal, das kleine Bällchen überhaupt zu treffen. Wiegers erklärt: Den Schaft mit dem „Interlock“-Griff umfassen, das Grün „lesen“, den Ball „ansprechen“, um sich optimal zu ihm zu positionieren, die Füße hüftbreit auseinander, den linken Arm – bei Rechtshändern – gestreckt halten, den Blick auf den Ball gerichtet, ausholen, die Hüfte dabei nach hinten drehen, „durch den Ball schwingen“ – und: wutsch! Getroffen! Das weiße Kügelchen fliegt in einem kühnen Bogen über die Bahn und landet ein gutes Stück neben dem Grün. Immerhin: nicht im Gebüsch. „Gar nicht schlecht für einen Anfänger“, tröstet mich Maiß. Koordination, Kombination und natürlich Präzision machten dann später den erfahrenen Spieler aus, erklärt er.
Der Funkenflug der Faszination
Wiegers kramt einen anderen Schläger aus der Tasche hervor. „Vielleicht klappt es damit noch besser.“ Oh ja – tut es. Schon wieder ein bisschen näher am Loch 1. Ich bekomme ihn schon noch hinein – meinen kleinen, runden, neuen Freund, beschließe ich mit aufloderndem Ehrgeiz. Und während ich verbissen das Grün buchstabiere, nicken Wiegers und Maiß sich zufrieden zu: Der Funkenflug der Faszination, der von den beiden Golfern aus Velpe ausgeht, hat an Treffsicherheit heute nichts zu wünschen übrig gelassen.
(Erschienen in: Neue Osnabrücker Zeitung, 01.10.2014; Westfälische Nachrichten, 01.10.2014)