Beharrliches Grübeln ist vonnöten, wenn ich mir in Zeiten wie diesen die positiven Errungenschaften der USA ins Gedächtnis zu rufen versuche. Der Line Dance als eine Form wortloser Völkerverständigung gehört vermutlich dazu. In Büren zeigen Tanzbegeisterte, wie’s geht.
Als ich den Saal der Elly-Heuss-Begegnungsstätte in Büren betrete, stompen und shufflen, switchen und crossen die Line Dance Freunde Lotte, eine Untergruppe der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Lotte, eifrig über das Parkett. Aus den Lautsprechern strömen die Songs von Shania Twain und sorgen für rustikales Country-Flair, die Stimmung ist ausgelassen, die Schrittfolgen der Line Dancer so kunst- wie anspruchsvoll. Für jemanden wie mich, dem bereits ein langsamer Walzer die Grenzen seiner tänzerischen Leistungsfähigkeit aufzeigt, bleibt erstmal nur eins: Staunen!
Choreografien international identisch
Atemberaubend flink gleiten die Western-Stiefel vor-, rück- und seitwärts. Souverän drehen sich die Tänzer mal im, mal gegen den Uhrzeigersinn um die eigene Achse. Hier ein Fingerschnipsen, da ein energisches Aufstampfen mit dem Fuß. Die ganze Gruppe im Gleichtakt, in bewundernswerter Harmonie – nicht von Zauberhand gelenkt, sondern vom Rhythmus der Musik, von den einstudierten, international identisch vereinbarten Choreografien und natürlich von der durch jahrelanges Training erworbenen Könnerschaft.
Gruppe vor zwölf Jahren gegründet
Jahrelanges Training? Ingo Borgmeier, der die Line Dance Freunde Lotte vor zwölf Jahren ins Leben gerufen hat, lächelt, schüttelt den Kopf und klärt mich auf. Die fröhlichen Gestalten dort sind nämlich keineswegs erfahrene Western-Tänzer. „Das sind die Teilnehmer des aktuellen Anfänger-Workshops“, sagt Borgmeier – und reiht sich vergnügt in die Linie der leichtfüßigen Hobbycowboys und -cowgirls ein. Die Gruppe absolviert an diesem Nachmittag erst ihre fünfte Doppelstunde.
Schritt für Schritt zur Könnerschaft
„In jeder Einheit üben die Anfänger zwei neue Tänze ein, ansonsten wiederholen wir das bereits gelernte“, berichtet Susanne Kandelhardt, die seit dreieinhalb Jahren eins der rund 40 Mitglieder – im Alter von Anfang dreißig bis Mitte siebzig Jahre – der Line Dance Gruppe ist und erstmals den Unterricht übernommen hat. Schritt für Schritt lotst sie uns durch so klangvolle Choreografien wie Hully Gully, Canadian Stomp, Sunshine oder Stroll Along Cha Cha. „Spitze, Hacke, Stomp – Halten!“ Ich gebe alles – und stelle überrascht fest, dass die Sache gar nicht so kompliziert ist, wie sie zunächst aussah. Und: Line Dance in der Gruppe macht mindestens viel Spaß wie langsamer Walzer als Paar!
„Die Menschen hier sind sehr fürsorglich“
„Die Herausforderung besteht darin, die Füße mit dem Gehirn zu verknüpfen“, schmunzelt Burkhard aus Hasbergen, der eine Reihe hinter mir sein neues Hobby genießt. Petra, ebenfalls aus Hasbergen, sagt: „Ich mag die Musik, den Rhythmus – und die lieben Menschen hier, die wirklich sehr geduldig und fürsorglich sind.“ Lutz, schon fortgeschrittener Anfänger, verweist auf den Zusammenhalt der Gruppe. „Ganz wichtig ist es, dass hier jeder willkommen ist“, sagt er, „ob Anfänger oder Könner, wir gehen respektvoll miteinander um, wir haben gemeinsam Spaß, helfen einander, und am Ende der Stunde geht jeder mit einem entspannten Lächeln nach Hause und freut sich auf die nächste Tanzstunde.“ Susanne Kandelhardt nickt sichtlich zufrieden und ergänzt: „Das perfekte Hobby zum Abschalten – genau das Richtige für Körper, Geist und Seele.“
Abschlussfest: Jeder ist willkommen
Am kommenden Samstag, 11. November, veranstalten die Line Dance Freunde Lotte ab 18 Uhr ihr Abschlussfest in der Elly-Heuss-Begegnungsstätte in Büren. Jeder, der den anerkannten Freizeitsport kennenlernen oder selbst einmal mittanzen möchte, ist herzlich willkommen, betont Ingo Borgmeier. Weitere Auskünfte erteilt der Leiter der Line Dance Freunde Lotte außerdem unter Telefon 0178 2890932. Auf www.line-dance-freunde-lotte.beepworld.de finden Interessierte zudem aktuelle Informationen und Veranstaltungshinweise. Die Line Dance Freunde Lotte trainieren jeden Donnerstag von 19 bis 22 Uhr – ab 2018 ausschließlich in der Elly-Heuss-Begegnungsstätte in Büren.
(Erschienen in: Neue Osnabrücker Zeitung, 08.11.2017)