München-Allbach. Sie hätten gerne ein geländegängiges Fahrzeug? Glauben aber, dass der Defender in der aktuellen Generation auch nicht mehr das ist, was er mal war? Dass Suzuki, Nissan, Toyota und Co. zwar Qualitäten, aber – wie auch die Koreaner – kein Image haben? Und dass sich Jeep mit dem Slogan „Im Büro Chef, auf der Straße Commander“ endgültig disqualifiziert hat? Über bliebe also noch der Hummer. Aber den fährt ja inzwischen auch jeder neureiche Lümmel. Wenn es ein bisschen mehr sein darf: Wie wäre es mit dem GTK Boxer? Das einzige Problem: Diesen Boxer gibt es nicht beim Händler um die Ecke …
Schon die nackten Zahlen sind beeindruckend: fast acht Meter lang und knapp drei Meter breit und fast 2,4 Meter hoch. Platz für bis zu elf Personen, 8-Zylinder-Motor mit 530 kW/710 PS, hydropneumatische Federung, eine Reichweite von gut 1000 Kilometern und selbstverständlich Allradantrieb und eine zentrale Reifendruckregelanlage – serienmäßig natürlich.
Jedes PS kämpft mit gut 35 Kilo
Ebenso beeindruckend, aber leider weniger schön ist das Leistungsgewicht: Jedes PS kämpft schon im leeren Boxer mit gut 35 Kilo, selbst der alte VW Multivan 1.9 TDI – also ebenfalls ein Turbodiesel – steht mit 24,8 kg/PS deutlich agiler da. Was in Sachen Leistungsgewicht möglich ist, zeigt unter anderem der Bugatti Veron: Jedes PS muss in diesem Supersportler gerade mal 1,9 Kilo beschleunigen. Also kein Wunder, dass die Höchstgeschwindigkeit des Boxer mit 103 km/h deutlich hinter der des Veron zurück bleibt.
Dafür kann der Boxer bei der Ausstattung und Geländegängigkeit auftrumpfen: Die adaptierte Verbundpanzerung sorgt für ein Höchstmaß an Sicherheit – gerade auch in Krisengebieten. Nebelmittelwurfanlage und ein MG sind – wie auch das ganze Fahrzeug – für Privatpersonen eher schwer erreichbare Ausstattungshöhen. Apropos Höhe: Die Bodenfreiheit beträgt beachtliche 50 Zentimeter, die Wat-Tiefe 1, 20 Meter, die Steigfähigkeit 60 Prozent und die „Grabenüberschreitfähigkeit“ zwei Meter. Tiefgaragen tauglich ist der Boxer schon aufgrund des Gewichts nicht, der Wendekreis von 15 Metern würde das Einparken in engen Garagen zusätzlich erschweren.
Als Luftfracht ungeeignet
Und noch eine schlechte Nachricht: Mit einer C-130 Hercules lässt sich der Boxer leider nicht per Luftfracht verschicken, ein Airbus A400M sollte es schon sein. Aber wer über 3,2 Millionen Euro (Stand 2006) für ein solches Gefährt auf den Tisch von Rheinmetall und Co legen kann, dürfte diese Nachricht möglicherweise verschmerzen. Soviel günstiger ist ein Bugatti Veron nun auch nicht. Allerdings einfacher zu kaufen.Das erste Serienfahrzeug wurde am heutigen Mittwoch in München-Allbach übergeben. „Wir rechnen uns gute Chancen für die Internationale Vermarktung aus“, betonte dabei Klaus Eberhardt, Vorstandvorsitzender der Rheinmetall AG. Wenn Sie also einige Millionen über haben, einen ultimativen Geländergänger suchen, einen Fahrer oder den entsprechenden Führerschein haben und zudem in einem Land wohnen, dass mit Kriegsgerät in Privatbesitz kein Problem hat: Mehr Aufsehen als mit einem Boxer – möglicherweise mit verchromten Rädern und Effekt–Metallic-Lackierung – können Sie kaum erzielen. Möglicherweise wirkt ihr Auftritt dann aber ein bisschen prollig.
Dazu passt ein solides Outdoor-Outfit
Deshalb unser Tipp für alle, die Understatement schätzen: Als Farbe schlicht grün oder ocker wählen, auf Zierrat verzichten und keines Falls die Russ-Ablagerungen im Bereich des Auspuffs entfernen. Dazu passt ein solides Outdoor-Outfit. Aber bitte kein Fleckentarn. Dann wird man schnell in die falsche Ecke gestellt.Schade nur, dass der Boxer möglicherweise nicht ganz umweltzonen-komform ist. Aber das bisschen Bußgeld für die überfahrene Beschilderung macht den Braten dann auch nicht mehr fett …
Auskünfte zu Bezugsmöglichkeiten gibt Ihnen ihr freundlicher Rheinmetall-Waffenhändler. Exemplare mit mehr oder minder ausgeprägten Gebrauchsspuren gibt es dann möglicherweise in naher Zukunft günstig im nächsten Krisengebiet …
(Erschienen: Nun ja, es gab da kleinere Irritationen …)
Nachtrag: Falls sich jemand fragt, woher die gelegentliche Begeisterung für schweres Gerät stammt: Ja, der Autor war mal da…