Manches im Leben passt einfach. Wenn Pia Ahaus ihrem Beruf als Tierphysiotherapeutin nachgeht, dann ist das so ein Fall von Stimmigkeit: Kaum tastet die junge Bersenbrückerin ihren vierbeinigen Patienten behutsam die Beine ab oder lockert mit kundigen Griffen deren Rückenmuskulatur, liegt mehr als nur ein Hauch von Harmonie in der Luft. Sollte jemals ein Hund oder ein Pferd zu schnurren beginnen, dann vermutlich während einer solchen Massage.
„Ich bin mit Tieren aufgewachsen“, berichtet die 21-Jährige von ihrer Kindheit auf dem elterlichen Hof in Bersenbrück und tätschelt ihrer Hündin Greta dabei gedankenverloren den Schädel. Greta seufzt genießerisch und blickt ihr Frauchen fragend an. „Mein Vater Martin hat früher Springturniere geritten und betreibt jetzt einen Zucht- und Ausbildungsstall. Mein Bruder Timo reitet, meine Schwägerin Theresa reitet – “, Pia Ahaus schaut amüsiert auf, „und natürlich reite ich auch.“ Sie selbst habe das erste Mal auf einem Pferd gesessen, erzählt sie, lange bevor sie habe laufen können. Als Jugendliche ist die talentierte Amazone dann sogar bei der Deutschen Vielseitigkeitsmeisterschaft gestartet.
Gezerrte Sehnen und blockierte Wirbel
Mittlerweile hat sie ihre Ausbildung zur Tierphysiotherapeutin abgeschlossen und eine eigene kleine Praxis auf dem elterlichen Hof eröffnet. Boxen zum Unterstellen sind hier ohnehin reichlich vorhanden, auf dem Reitplatz kann die gelernte Tiermedizinische Fachangestellte die Pferde an der Longe traben lassen, um vor der Behandlung eine gründliche „Gangbildanalyse“ zu erstellen. „Bei Pferden und Ponys, besonders bei solchen, die geritten werden, kann es schon mal zu Problemen mit den Bändern oder Blockaden im Wirbelbereich kommen“, sagt Pia Ahaus. Wenn der Tierarzt weder Knochenbruch noch Sehnenriss feststellt, legt die Tierphysiotherapeutin Hand an. Oft brächten schon wenige Behandlungen die erhoffte Linderung.
Hundesenioren-Turngruppe eingerichtet
Greta schickt neuerlich ein herzerweichendes Stöhnen Richtung Frauchen. Pia Ahaus schüttelt den Kopf, kann sich ein Lächeln nicht verkneifen und blickt die schlanke Magyar-Vizla-Dame an: „Ja, du bist gleich dran“, mahnt sie die Hündin zu etwas Geduld – und erzählt weiter: „Eigentlich hatte ich zunächst vor allem Pferde als Patienten im Blick“, sagt sie, aber schließlich hätten dann mehr und mehr Hundebesitzer die Praxis mit ihren Vierbeinern aufgesucht. „Inzwischen habe ich eine regelrechte Hundesenioren-Turngruppe“, erzählt die Tierphysiotherapeutin und schmunzelt. Ab etwa acht Jahren beginne bei vielen Hunden der Alterungsprozess. „Dann ist es wichtig, dass sämtliche Gelenke regelmäßig bewegt werden, um sie mobil zu halten.“ Sie zwinkert Greta aufmunternd zu – na endlich: Ihr Einsatz ist gefordert.
Vorbeugen schadet nicht
Die Hündin lässt sich behaglich auf die Behandlungsdecke fallen. Mit ihren sechs Jahren – und durchtrainiert, wie sie ist – klagt Greta zwar weder über Arthrose noch über ausgerenkte Wirbel, aber eine gute Massage zur Verbeugung kann schließlich nicht schaden. Doch bevor sich Greta ganz dem wohligen Durchgewalkt-Werden hingeben kann, sind erstmal ausgiebige Streicheleinheiten und viele liebe Worte angesagt. „Sowohl bei Hunden als auch bei Pferden ist das ganz wichtig“, erklärt Pia Ahaus, „damit sich das Tier entspannt und locker wird.“ Neuerliches Seufzen. Greta schließt die Augen – und, täuscht sich das Ohr, oder erklingt da nicht doch ein leises Schnurren aus der Hundekehle…?
(Erschienen in: Bersenbrücker Kreisblatt, 13.05.2017)