In Mairas Welt tummeln sich eindeutig mehr Vier- als Zweibeiner. Für die Landwirtstochter ist der Alltag zwischen Milchkühen und Mastschweinen, Katzen und Kaninchen zwar die Normalität. Aber eine Normalität, die vor Abenteuern nur so strotzt.
Keine Frage, Mairas Herz schlägt für die Tiere. Und – zum Glück für die Fell- und Federträger: Das Herz der Neunjährigen ist groß und bietet jede Menge Platz für alles, was da kreucht und fleucht. Der unbestrittene Liebling der Viertklässlerin ist aber wohl doch ihre Hündin Cleo. Der zottelige Wildfang fliegt mit wehenden Schlappohren und seitlich aus dem Maul heraus hängender Zunge förmlich über das Gelände des landwirtschaftlichen Betriebs, den Mairas Eltern Sabine und Robert Beyer gemeinsam mit den Großeltern Waltraud und Manfred in der Bauerschaft Westerbeck bewirtschaften. „Cleo! Cleeee-oooo!“, ruft Maira mit strenger Stimme – und obwohl tausend Düfte sie locken, dreht die Hündin augenblicklich um und galoppiert zu ihrem energischen kleinen Frauchen zurück. „Brav, Cleo.“ Disziplin muss sein, wenn man die Übersicht behalten und keines der Tiere in Gefahr bringen will: Mal knattert hier ein Traktor um die Ecke, mal düst dort eine Erntemaschine die Straße entlang.
Erfolgreiche Jungzüchterin
Seite an Seite trotten Maira und Cleo zu den Stallungen. „Das ist Jay Kay“, stellt die Grundschülerin einen weiteren ihrer Favoriten vor. Genau wie Cleo scheint auch das auf seinen langen Beinen durchs Stroh staksende Holstein-Kälbchen längst zu wissen, dass, selbst wenn Maira die jüngste der drei Beyer-Töchter ist (ihre Schwestern Evelyn und Sarina sind 21 und 17 Jahre alt), es ihr nicht an Durchsetzungsvermögen mangelt. „Mit Cleo gehe ich einmal in der Woche zum Agility-Training“, gewährt das Energiebündel einen Einblick in das straffe Trainingsprogramm ihrer Menagerie. „Mit Jay Kay übe ich jeden Tag.“ Doch statt „Sitz“ oder „Platz“ bringt Maira der angehenden Milchkuh bei, wie sie ordentlich am Halfter geht und sich – nicht nur den wohlwollenden Blicken von Oma Waltraud und Opa Manfred, sondern auch den kritischen Argusaugen der Wertungsrichter – von ihrer schönsten Seite präsentiert. Bei der Tierschau in Grafeld (Landkreis Osnabrück) im vergangenen Monat haben die beiden den Jungzüchter-Wettbewerb gewonnen. Am kommenden Wochenende wollen sie ihren Erfolg bei der Tierschau in Riesenbeck wiederholen.
Tiefenentspanntes Langohr
Eine wohlverdiente Pause vom Wettkampftrubel genießt dagegen zurzeit Kaninchendame Tessy, die zusammen mit ihren haarigen Kollegen in einem weit abgesteckten Gehege auf dem Rasen herum hoppelt und hier etwas Klee, dort ein wenig Löwenzahn nascht. Von Tessys stoischem Wesen sollte man sich allerdings nicht täuschen lassen. In dem tiefenentspannten Wollknäuel steckt eine ehrgeizige Athletin: „Tessy und ich machen zusammen Kaninhop“, erzählt Maira. „Im Moment finden aber keine Veranstaltungen statt, weil gerade die Kaninchenseuche RHD2 umgeht.“ Als verantwortungsvolle Fürsorgerin hat sie ihre Kaninchen selbstverständlich längst gegen diese Seuche impfen lassen.
Die andere Seite der Medaille
Ein kurzer Stopp beim Maststall – „Hallo Schweine, ihr seid so süß…“, seufzt Maira und wirft einem schwarz gescheckten, ringelschwänzigen Pummelchen einen wehmütigen Blick zu. „Aber aus euch wird nun einmal Wurst…“ Die Neunjährige verzieht etwas nachdenklich die Schnute und schließt die Tür: Dass sich das Leben im Tierparadies auch rechnen muss, ist eben die andere Seite der Medaille. Wichtig ist für die Landwirtstochter, dass sich auch die Nutztiere, solange sie denn ihre Zeit auf Erden hier auf dem Hof der Familie Beyer zubringen, möglichst wohl fühlen und es ihnen gut geht.
Der Spaß endet nie…
Der Gang durch Mairas Welt ist noch lange nicht zu Ende: Da wären noch Socke und Toffy, die beiden Mini-Shetlandponys, eine bunte Schar Hühner, die Haustauben, um die sich Opa Manfred und die beiden Jack Russel Terrier Polly und Cookie, um die Oma Waltraud sich kümmert, Ziege Elfie, Hofkatze Maja, sowie Turnierpony Pia. Nicht zu vergessen Hollyday Girl, das Kälbchen, mit dem Maira vor vier Jahren ihren allerersten Jungzüchter-Wettbewerb gewonnen hat – und das sich inzwischen zu einer stattlichen Milchkuh entwickelt hat. Zufrieden lässt das quirlige Nesthäkchen seinen Blick über die Rinderherde schweifen. „Hallo, Annabelle, hallo Chanelle, hallo Carola…“, grüßt sie ihre vierbeinigen Freunde und stutzt mit einem Male irritiert: Da fehlt doch jemand… „Cleo! Cleeee-oooo!“ begibt sich Maira neuerlich auf die Suche nach ihrem temperamentvollen Hausgenossen. Der Spaß auf einem Bauernhof, der hört eben niemals auf.
(Erschienen in: Neue Osnabrücker Zeitung, 14.09.2016)