Seit acht Jahren arbeitet Jacky im St. Elisabeth-Stift in Neuenkirchen. Als wandelndes Trostpflaster. Als Eisbrecher. Als Alleinunterhalter. Je nachdem, was die Bewohner des Altenheims gerade am nötigsten brauchen. Ein echter Traumjob für die Hündin.
Aufmerksam aufgestellte Ohren. Ein verständnisvoller Blick. Und eine Schnauze, die ständig zu lächeln scheint. „Ich habe mich sofort gefreut, als ich den Hund das erste Mal gesehen habe“, sagt Altenheimbewohnerin Waltraud Hövelmeyer und tätschelt Jacky sanft das Fell. Die Golden-Retriever-Dame hat es sich vor dem Bett der tieraffinen Seniorin bequem gemacht und nimmt sich Zeit für ein ausgiebiges Gute-Laune-Gespräch. „So eine Brave bist du, so eine Gute“, säuselt Waltraud Hövelmeyer der Hündin begeistert Komplimente in die Schlappohren und vergräbt dabei ihre Hände in deren wuscheliger Mähne. Jacky antwortet mit treuem Augenaufschlag und heftigem Schwanzwedeln. Sie hat ein Pfötchen dafür, das Herz der alten Leute zu erobern und Kontakt zu ihnen herzustellen, sie zum Erzählen zu bringen, zum Lächeln, ihren Mut und ihre Zuversicht zu stärken.
Versorgung sicherstellen
„Wir finden Hunde toll“, sagt Jackys Chef Bertold Eich, Geschäftsführer der St.-Michaels-Pflege GmbH. „Sie bringen Leben ins Haus und sorgen für Abwechslung.“ Theoretisch dürften die Bewohner sogar ihre eigenen Tiere mit zu sich in das Altenheim nehmen. „Allerdings müsste dann deren komplette Versorgung – Füttern, Gassigehen, Tierarztbesuche – sichergestellt sein“, gibt er zu bedenken. Und daran scheitere es leider meistens. Umso erfreuter war Eich, als seine Mitarbeiterin Henrike Blömer vor acht Jahren anfragte, ob sie den Welpen, den ihre Familie zu kaufen beabsichtigte, mit zur Arbeit bringen dürfe. Die Neuenkirchenerin ist halbtags als Verwaltungsangestellte im Büro der Einrichtung tätig.
Eigene Sekretärin
„Na klar“, habe er sofort geantwortet, berichtet Eich, „allerdings nur unter einer Bedingung: Der Hund darf nicht bloß im Büro herumliegen, er muss auch zu den Senioren in die Wohnbereiche gehen.“ Freundliches Wesen und gute Erziehung selbstverständlich vorausgesetzt. Die Jobbeschreibung für Jacky war formuliert. Und damit, wie sich bald herausstellte, eine Win-Win-Win-Situation für alle Beteiligten geschaffen: Henrike Blömer wusste ihren Vierbeiner gut betreut, die Bewohner freuten sich über ein neues Gesicht im Team – und Jacky begriff voller Stolz, welch verantwortungsvolle Aufgabe man ihr übertragen hatte und was für eine bedeutsame Rolle sie fortan im Rudel des St. Elisabeth-Stifts spielen sollte. Sogar eine eigene Sekretärin bekam die vierbeinige Spezialistin für Heiterkeitsvermittlung und Lebensfreude zugeteilt. Henrike Blömer lächelt amüsiert. „Morgens liegt Jacky in ihrem Nest unter meinem Schreibtisch“, erzählt sie und schmunzelt. „Irgendwann klingelt dann das Telefon, und die einzelnen Wohnbereiche fordern sie gezielt an.“
Jede Menge Leckerlis
An Gruppenaktionen wie Ballspielen teilnehmen. Auch bei unbedachten Bewegungen ihres Gegenübers geduldig und entspannt bleiben. Und möglichst auch noch auf die eigene Linie achten, die durch die gut gemeinten Leckerli-Gaben der Bewohner ständig in Gefahr ist – Jackys Job birgt manche Herausforderung. „Sie ist kein Zirkuspferd“, sagt Henrike Blömer über die Persönlichkeit ihrer vierbeinigen Kollegin, „wenn sie keine Lust mehr hat, dreht sie sich um und geht.“ Henrike Blömer beugt sich zu Jacky herunter und streichelt ihr liebevoll über den Rücken. „Geknurrt hat dieser Hund in all den acht Jahren noch kein einziges Mal.“
(Erschienen in: Bersenbrücker Kreisblatt, 27.08.2016)