Während der Nicht-Landwirt den vergangenen Winter vielleicht gefühlt noch als eher mau in Erinnerung haben mag, können die Landwirte aus Lotte und Westerkappeln, die sich jetzt auf dem Hof von Hartmut Meyer in Halen zu ihrer traditionellen Feldbegehung getroffen haben, über beinahe jeden Tag der kalten Jahreszeit eine detaillierte Auskunft geben: Temperaturen, Niederschläge, Staunässe, Windverhältnisse und Bodenfröste sind ihnen nur allzu gut im Gedächtnis geblieben. Denn der Winter 2015/16 ist auf ihren Feldern noch immer sehr präsent – und seine Folgen wirken sich bis heute auf den Zustand der Böden und damit auch auf die Qualität des Getreides aus.
„Ständig nasse Füße“
„Gefühlt hat es von August bis April ständig geregnet“, beschreibt BASF-Berater Dieter Kantelberg die Misere auf den Äckern. „Der Großteil des im Oktober gesäten Getreides hatte somit die ganze Zeit über nasse Füße.“ Dazu die – aus Sicht von Weizen, Gerste und Co. – zwar kurzen, aber dafür zu einem ungünstigen Zeitpunkt hereingebrochenen Frostperioden, die sich mit für die Jahreszeit ungewöhnlich milden Phasen abgewechselt hätten. „Das waren extreme Witterungsverhältnisse, die den Pflanzen Stress bereitet und ihr Wachstum gehemmt haben“, erklärte BASF-Berater Dieter Kantelberg. Ob sich die gebeutelte Vegetation inzwischen erholt hat, schauten sich die mehr als zwei Dutzend Landwirte daraufhin vor Ort an. Den selbstgebauten Jagdwagen hinter den Schlepper gehängt, chauffierte Hartmut Meyer, Vorsitzender des Ortsvereins Lotte, seine Kollegen komfortabel von Feld zu Feld.
Gelbrost und Mehltau
„Es nützt nichts, die Getreideschläge nur vom Rand aus oder aus dem Autofenster zu betrachten“, legte Kantelberg seinen Zuhörern ans Herz. „Wenn sie sehen wollen, ob ihre Schweine gesund sind, gehen sie ja auch bis in den Stall hinein.“ Und dass es einer Pflanze, die auf den ersten Blick robust aussieht, möglicherweise gar nicht so gut geht, bewies der Berater denn auch gleich: Knietief durch die Gerste staksend, rupfte er wahllos ein paar Halme heraus: „Da – alles voller Läuse!“ Weil die Läuse als Virusüberträger gelten, sollten ihnen die Landwirte möglichst schnell zu Leibe rücken, riet er: „Sonst riskieren sie Ernteeinbußen von bis zu 40 Prozent.“ Auch Gelbrost und Mehltau setzten den noch vom Winter geschwächten Beständen in diesem Jahr besonders zu.
Neue Düngeverordnung
Dass Dieter Kantelberg als Verkaufsberater des Chemiekonzerns BASF für die meisten Probleme auf den Feldern eine chemische Lösung bereithielt, wundert nicht. Dennoch betonte er, dass Herbizide, Fungizide und Insektizide „nur begleitend“ eingesetzt werden sollten. Das A und O gesunder Bestände liege in einer tadellosen ackerbaulichen Bewirtschaftung der Flächen. „Nicht nur angesichts der neuen Düngeverordnung müssen wir sehen, dass wir die Ökonomie und die Ökologie in eine Richtung bringen“, gab er zu bedenken. „Nehmen sie sich die Ergebnisse ihrer Bodenuntersuchung vor, und düngen sie dann sehr gezielt.“ Denn manchmal werde der Hunger der Pflanzen nach Stickstoff zum Teil bereits durch die im Boden verbliebenen Nährstoffe gedeckt, so dass entsprechend weniger Gülle ausgebracht werden müsse. „Nur so können wir das Nitrat in den Griff kriegen“, schloss Kantelberg.
(Erschienen in: Neue Osnabrücker Zeitung, 19.05.2015)