Impressionistische Gärten. Filigrane Architekturen. Verwunschene Landschaften. Die eigene Kreativität nutzt Helmut Schmale, um mit leichter Hand Türen in neue Welten zu öffnen – für sich selbst und für den Betrachter.
Manchmal müssen Begabungen sich gedulden. Sie verharren in der geistigen Verborgenheit des menschlichen Gemüts und warten nur auf die passende Gelegenheit, sich zu offenbaren. Mehr als sechzig Jahre lang hat das künstlerische Talent von Helmut Schmale unbeirrt und unbeachtet innegehalten, bevor es an die Oberfläche brach und endlich damit beginnen konnte, sich zu entladen. Und das tut es seitdem: mit gestaltungsfreudiger Vehemenz und unermüdlichem schöpferischen Potenzial.
Geistige Alternative
„Eigentlich wollte ich mir lediglich eine geistige Alternative zum Steuerrecht aufbauen“, beschreibt der 77-jährige Bad Laeraner die Motivation, mit der er sich nach seiner Pensionierung der Malerei genähert hat. Zuvor war der Autodidakt in Sachen Kunst als Betriebsprüfer bei der Finanzverwaltung Osnabrück tätig. Doch was als kurzweiliges Hobby begann, ist längst zu einer unverzichtbaren Leidenschaft geworden. „An meiner Staffelei finde ich Ruhe und Gelassenheit“, sagt Helmut Schmale, „was besonders wichtig ist, seit ich verwitwet bin und alleine lebe.“ Der persönliche Ausdruck, die individuelle Auseinandersetzung mit verschiedensten Themen – einerseits als Trost und Herausforderung für den Künstler, andererseits aber auch als bereichernde Inspiration für den Betrachter. Die Werke von Helmut Schmale sind inzwischen auch als Dauerausstellung im Seniorenzentrum am Kurpark in Bad Laer zu betrachten.
Intensives Erleben
„Was mir begegnet, das versuche ich intensiv zu erleben“, sagt der Spätberufene. Wer ihn zuhause in seinem Atelier besucht, merkt schnell, dass das Interesse des Seniors an seiner Umwelt gewaltig ist und dass er die Begegnungen, denen er sich künstlerisch stellt, bewusst sucht. Vielleicht gleicht seine Wohnung auch daher der Kombination aus einer altehrwürdigen Bibliothek und einer modernen Galerie. „Vieles habe ich mir angelesen“, erläutert er. Nicht nur, was die Malerei angeht. Konfrontiert ihn der Alltag mit einer neuen Sachlage, die seine künstlerische Neugier weckt, werden zunächst entsprechende Sachbücher gewälzt, um sich mit den Hintergründen der Thematik vertraut zu machen und eine persönliche Beziehung aufzubauen. Ein Beispiel? In einem Winkel seines Wohnzimmers hängt das auf ungewöhnliche Weise heimisch wirkende Aquarell des armenischen Berges Ararat. „Ich war nie dort“, bedauert Schmale, „aber meine Schwiegertochter stammt aus Armenien.“ Keine Frage also, dass sich der Bad Laeraner intensiv mit der Heimat des neuen Familienmitglieds beschäftigt und sie optisch verewigt hat.
Eigener Stil
„Es dauert ja lange, bis man einen eigenen Stil entwickelt“, gibt Helmut Schmale zu bedenken und lächelt bescheiden: „Aber allmählich scheint es mir zu gelingen.“ Am liebsten gestaltet er neben stimmungsvollen Aquarellen vor allem farbintensive Ölgemälde. Doch auch monochrome Kreideskizzen und experimentelle Spachtelarbeiten interessieren ihn. Die Welt der Malerei, soviel steht fest, birgt noch manchen Schatz für Helmut Schmale. „Ich fange ja erst an“, freut sich der einstige Betriebsprüfer, seine so lange verborgene Kreativität nun mit beglückender Leidenschaft ausleben zu können.
(Erschienen in: Neue Osnabrücker Zeitung, 2016)