Wo Heinrich Elgert arbeitet, würden andere am liebsten Urlaub machen: Seit 32 Jahren sorgt der Schwimmmeister dafür, dass sich die Badegäste im Freibad wohlfühlen. Das Schöne: Auch für Elgert ist der Bullerteich längst zu einem Lieblingsplatz geworden.
Wenn er gerade mal nicht ganz so viel um die Ohren hat und einer seiner Kollegen die Aufsicht über das Geschehen übernimmt, gönnt sich Heinrich Elgert eine kleine Verschnaufpause, am liebsten auf einer der Bänke am Rande des Schwimmers. „Der Bullerteich – das ist mein zweites Zuhause“, sagt der gebürtige Gelsenkirchener und lässt seine Blicke zufrieden über die Anlage schweifen: Schwimmer, Nichtschwimmer, Planschbecken, großzügige Liegewiesen mit diversen Spiel- und Sportangeboten, ein üppiger, schattenspendender Baumbestand: Das familienfreundliche Flair des Freibads ist bis über die Gemeindegrenzen hinaus bekannt.
Schöne Erinnerungen
Als die Badeanstalt im Mai 1968 eröffnet wurde, war Heinrich Elgert gerade mal 14 Jahre alt und lebte erst seit zwei Jahren in Westerkappeln. Die Begegnung mit der schmucken Badeanstalt war für die sportliche Wasserratte Liebe auf den ersten Blick: „Als Jugendlicher habe ich quasi den Sommer über hier im Bullerteich gewohnt“, erinnert er sich mit sichtlichem Vergnügen. „Damals habe ich mir allerdings nicht träumen lassen, dass ich das Bad später einmal leiten würde.“
Etwas frisch…
„Eins, zwei, drei, vier …“: Routinemäßig zählt Elgert schnell noch einmal die Köpfe durch, die sich da oberhalb der von sanften Wellen gekräuselten Wasserfläche im Becken hin und her bewegen: „passt“, stellt er beruhigt fest – dann wendet er sein Gesicht dem Himmel zu. „So langsam bin ich auch wieder durchgewärmt“, genießt der 62-Jährige die flüchtigen Sonnenstrahlen, die sich just in diesem Moment durch eine Lücke in der Wolkendecke mogeln und Freibad und Schwimmmeister in ein ferienreifes Licht tauchen.
Auf Tuchfühlung
„Als ich heute Morgen um sechs Uhr angefangen habe zu arbeiten“, berichtet er, „hatten wir eine Lufttemperatur von 11 Grad. Der Wind hatte das Wasser trotz Heizung auf 22 Grad herunter gekühlt.“ Dennoch war für den Schwimmmeister und das feuchte Element Tuchfühlung angesagt: „So etwa für eine Stunde musste ich ins Wasser, um per Hand die über Nacht in die Becken gewehten Blätter herauszufischen.“ Klingt nicht wirklich nach Urlaub… Elgert wiegelt ab: „Na, ja…es gibt Schlimmeres.“
Einiges im Argen
Die etwa 2,3 Millionen Liter Wasser, die den 50-Meter-Schwimmer fluten, wollen und müssen, genau wie die übrigen Beckenfüllungen, nun einmal gehegt und gepflegt werden. „Die Reinigungsanlage läuft zwar 24 Stunden automatisch durch“, erläutert der Schwimmmeister, „aber wenn zu viele Blätter im Wasser treiben, verstopfen sie die Abläufe zu den Filtern.“ Als das Bad vor fast einem halben Jahrhundert gebaut wurde, waren die heute geltenden DIN-Normen weder ersonnen, geschweige denn in Kraft. Deshalb liegt – was die Technik und die baulichen Gegebenheiten angeht – bei Elgerts Lieblingsplatz einiges im Argen. „Die Wasserqualität ist aber gut“, gibt er erleichtert zu Protokoll. „Trotzdem entspricht hier vieles nicht den Vorschriften.“
Becken aus Edelstahl?
Zum Beispiel? „Die Filteranlage braucht etwa zwölf Stunden, bis sie allein das Wasser des Schwimmers einmal komplett gereinigt hat“, erläutert Elgert, „laut DIN-Norm müsste das in ungefähr der Hälfte der Zeit passieren.“ Doch die Überlaufrinne sei aus heutiger Sicht einfach zu eng für die stattliche Wassermenge bemessen. „Auch der Boden der Becken hat inzwischen fast 50 Jahre Badebetrieb auf dem Buckel“, seufzt Elgert, „da gibt es jede Menge Aufplatzungen und Vertiefungen.“ Die langfristig günstigste Lösung sei ein Edelstahlbecken. „Aber eine solche Sanierung kostet…“, weiß der 62-Jährige, „und ich glaube nicht, dass ich den Umbau noch als Schwimmmeister erleben werde“, sagt er und steht auf – die Pause ist beendet: „2019 gehe ich in Rente.“ Doch keine Bange, seinem Lieblingsplatz bleibt er auch dann weiter treu: „Ich schwimme nämlich wirklich richtig gerne“, versichert er und flaniert über den roten Pflasterweg von dannen: Köpfe zählen.
(Erschienen in: Neue Osnabrücker Zeitung, 13.07.2016; Westfälische nachrichten, 13.07.2016)